In der Betriebssicherheitsverordnung (§4 BetrSichV) ist vermerkt, dass der Arbeitgeber nur geeignete Arbeits- und Hilfsmittel am Arbeitsplatz bereitstellen darf, die die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer gewährleisten. Es ist also seine Pflicht, für die entsprechende Ergonomie am Arbeitsplatz zu sorgen.
Dennoch gibt es Fälle, in denen es über diese Pflicht hinausgeht. Hier kannst du als Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerin eine Erstattung oder Bezuschussung ergonomischer Arbeits- und Hilfsmittel beantragen. Welche Voraussetzungen dafür gelten und was zu beachten ist, um einen Antrag zur Teilhabe am Arbeitsleben bewilligt zu bekommen, verrate ich dir in diesem Artikel.
Inhalt
Voraussetzungen für die Bezuschussung ergonomischer Arbeits- und Hilfsmittel
Wer kann bezuschusst werden?
Bezuschusst werden kann jeder Mensch, dessen Teilhabe am Arbeitsleben gefährdet ist.
Die Maßnahmen wie die Bezuschussung ergonomischer Produkte soll dazu beitragen, die Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu bessern oder allgemein wieder herzustellen.
Bei der Bezuschussung wird darauf geachtet, ob die Teilhabe nicht nur vorübergehend, sondern längerfristig beeinträchtigt oder gar unmöglich ist.
Es können aber auch Leistungen gewährt werden, wenn die Leistungsfähigkeit noch nicht gemindert, jedoch schon erheblich gefährdet ist. Hierbei handelt es sich dann um eine präventive Maßnahme vor dem Eintritt einer Krankheit. Die Gefährdung muss dementsprechend durch ein Gutachten nachgewiesen werden, welches ärztliche oder psychologische Dienste der Sozialträger ausstellen.
Was kann bezuschusst bzw. erstattet werden?
Die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (berufliche Rehabilitation) umfassen im Bezug auf ergonomische Produkte alle Hilfen zur Erhaltung und Erlangung der Arbeitsleistung.
Das heißt, Mobiliar wie der ergonomische Bürostühl oder ergonomische Schreibtisch können ebenso bezuschusst werden wie andere gesundheitsförderliche Arbeits- und Hilfsmittel, die an einem Computerarbeitsplatz benötigt werden ➜ Grundausstattung fürs Homeoffice/ Büro.
Voraussetzungen für eine Bezuschussung ergonomischer Produkte ist jedoch auch, dass Aussichten zur Besserung gegeben sind.
Die Kostenträger: An wen muss ich mich wenden?
Je nachdem, um welchen Fall es sich handelt, in welchem Arbeitsverhältnis du stehst und wie lange du schon beschäftigt und versichert bist, kommen andere Kostenträger in Frage.
- Deutsche Rentenversicherung: ab 15 Jahren versicherungspflichtiger Beschäftigung
- Berufsgenossenschaften wie zb. die VBG: Nach Arbeits-, Wegeunfall oder Berufskrankheit
- Bundesagentur für Arbeit: Alle anderen Fälle unter 15 Jahren versicherter Beschäftigung
- Landeswohlfahrtsverbände: Studenten, Beamte oder Sonderfälle
Wird der Antrag auf Bezuschussung bei dem zuständigen Kostenträger bewilligt, geht das Arbeitsmittel in deinen Eigentum über. D.h., bei einem Arbeitsplatzwechsel kannst du dieses mitnehmen.
Bezuschussung beantragen
Wie sollte ich vorgehen?
Bevor du direkt zu den oben genannten Kostenträgern rennst, solltest du deinen Arbeitgeber bzw. deine Arbeitgeberin über die Probleme am Arbeitsplatz unterrichten. Da sie am Erhalt deiner Leistungsfähigkeit interessiert sind, werden er oder sie die Kosten der notwendigen Arbeits- oder Hilfsmittel oft selbst übernehmen.
Zur Unterstützung bei der Forderung nach ergonomischer Arbeitsmittel empfiehlt es sich immer, den Betriebsarzt und eine zuständige Sicherheitsfachkraft ins Boot zu holen.
Wirst du jedoch aus bestimmten Gründen nicht vom Arbeitgeber bzw. vom Unternehmen unterstützt, musst du eben beim zuständigen Kostenträger einen einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben stellen.
Hierzu noch eine einfache Rechnung:
Ein durch Krankheit fehlender Mitarbeiter kostet den Arbeitgeber pro Tag etwa 250 € (je nach Arbeitsplatz unterschiedlich – bitte die eigenen Werte einsetzen). Fehlt dieser nun fünf Tage im Jahr, summieren sich die Kosten auf 5 * 250 € = 1.250 €. Ein Betrag, der womöglich mit einem ergonomisch ausgestatteten Arbeitsplatz vermieden werden hätte können. Natürlich kostet ein solcher mehr. Rechnet man diese Kosten jedoch auf mehrere Jahre und setzt sie mit den entstehenden Kosten der krankheitsbedingten Fehltage (in fünf Jahren wären es 5 * 1.250 € = 6.250 €) gegen, so kommt man auf eine vielfache Rendite der höheren Investition in ergonomische Arbeits- und Hilfsmittel.
Wie stelle ich den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben?
Ganz wichtig: Der Antrag muss immer vor der Anschaffung des ergonomischen Arbeitsmittels gestellt werden. Anders herum wird dieser in jedem Fall abgelehnt werden.
Um beispielsweise eine Bezuschussung für einen ergonomischen, rückengerechten Bürostuhl (bpsw. ein orthopädischer Bürostuhl) zu bekommen, musst du folgende Dokumente ausfüllen bzw. bereitstellen – hier am Beispiel des Kostenrägers Deutsche Rentenversicherung:
- Der Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (berufliche Rehabilitation) G0100.
- Die Anlage G0130: Hier wird eine ausführliche Tätigkeits- und Arbeitsplatzbeschreibung gegeben. Des Weiteren schreibt man hier rein, was man zum Erhalt der Arbeitsleistung haben möchte.
- Wenn eine Behinderung besteht und du auf Hilfsmittel und technische Arbeitshilfen angewiesen bist, benötigst du ggf. auch noch die Anlage G0133.
- Ein ärztliches Attest über die gesundheitliche Beschwerden oder ein Entlassungsbericht der Rehaklinik – siehe: Die 10 häufigsten Bürokrankheiten. In beiden Fällen ist es von Nutzen, wenn darauf explizit eine Empfehlung für das notwendige ergonomische Arbeitsmittel gegeben wird.
- Zusätzlich sollte noch ein Kostenvoranschlag mit ausführlicher Funktionsbeschreibung des Produktes eines qualifizierten Fachhändlers beigelegt werden.
Bevor alle Dokumente beisammen sind, solltest du überprüfen, ob auch alle notwendigen Angaben gemacht wurden. Ansonsten kann der Prozess unnötig in die Länge gezogen werden. Oft mehrere Monate.
Jeder Kostenträger bietet eigene Beratungsstellen an, die einem bei der Ausfüllung der richtigen Anträge und Zusammenstellung der Dokumente helfen (die Websites habe ich oben zum Teil direkt verlinkt).
Hallo,
folgender Sachverhalt: Für mich wurde 2011 über das Integrationsamt an den Rentenversicherer ein Antrag für einen orthopädischen Bürostuhl und einen elektrisch höhenverstellbaren Schreibtisch gestellt. Beides wurde genehmigt und ich habe auch beides erhalten. Allerdings weiß ich nicht mehr genau, ob und wieviel mein Arbeitgeber dazu gezahlt hat. In diesem Jahr habe ich nun im Rahmen der Arbeitsstättenbegehung einen neuen Bürostuhl erhalten. Ich möchte den alten Stuhl nun mit nach Hause nehmen, da ich auch mobil arbeite. Mein Arbeitgeber verweigert die Herausgabe mit dem Verweis, das Anlagevermögen sei sein Eigentum. Mir wurde von verschiedenen Seiten gesagt, dass dies mein Stuhl sei. Aber wo steht das? Ich brauche für den AG eine Grundlage. Beim Rentenversicherungsträger werden die Unterlagen nach 10 Jahren vernichtet.
Vielen Dank, liebe Grüße Edith
Hallo Edith,
leider werde ich dir zu deinem Fall keine zufriedenstellende Antwort geben können. Vielleicht kann dir jemand aus dem Betriebsrat helfen – falls ein solcher im Unternehmen besteht. Ansonsten müsstest du dir rechtlichen Rat suchen.
Ggf. kann man dir aber auch direkt beim Rentenversicherungsträger weiterhelfen. Ruf doch dort einfach mal an und schildere denen dein Anliegen.
Je nachdem, wie teuer der Bürostuhl damals war und, wie ihn dein Unternehmen verbucht hat, könnte das Möbelstück mittlerweile schon ganz abgeschrieben sein (Sofortabzug oder Regelabschreibung). … Wahrscheinlich bringt dir das auch nichts. War gerade nur so ein Gedanke.
Trotzdem, gerade dann, wenn du auch mobil von zuhause arbeitest, sollte deinem Arbeitgeber einiges daran liegen, dass auch dieser Arbeitsplatz ergonomisch eingerichtet ist. Ist es ein Homeoffice-Arbeitsplatz ist die rechtliche Lage leider nicht konkret. Wenn du einen Telearbeitsplatz hast, ist der Arbeitgeber verpflichtet, diesen im Sinne der Arbeitsstättenverordnung einzurichten. So oder so, es wäre einfach schön, er würde dir den Stuhl überlassen (ggf. auch für einen minimalen Betrag, der sich an der Abschreibung orientiert).
Tut mir leid, dass ich dir nicht weiterhelfen kann. Aber versuchs einfach mal bei einer der oben genannten Stellen.
Viel Erfolg,
Stefan
Hallo
muss der Arbeitgeber nach Beendigung des Arbeitsverhältniss entsprechende Arbeitsmittel, die der Behinderte braucht, um den Beruf auszuüben, wieder zurückgeben oder an den Versicherten rausgeben?
Hallo Arnold,
das kommt darauf an, ob die Arbeitsmittel vom Arbeitgeber gestellt wurden oder von diesem beantragt wurden. In diesem Fall hast du eine Rückgabepflicht, da die Arbeits- bzw. Hilfsmittel im Besitz des Unternehmens sind und dort verbleiben.
Wenn die Arbeits- oder Hilfsmittel jedoch sehr personenbezogen sind, also speziell für dich gefertigt und angepasst werden müssen, gehen sie meistens auch in deinen Besitz über. Dann wirst du sie üblicherweise auch selbst beantragen müssen. Bei einer Kündigung oder einem Arbeitgeberwechsel kannst du sie aber mitnehmen.
Viele Grüße,
Stefan
Hallo Stefan,
danke für die Ausführung. Ich wusste gar nicht, dass man sich für ergonomisches Mobiliar Zuschüsse holen kann.
Wie schaut es denn aus, wenn man selbstständig ist? Du hast ja aus der Sicht des Arbeitnehmers geschrieben, daher würde mich auch der Punkt Selbstständigkeit in diesem Zusammenhang sehr interessieren!
Danke schon einmal für deine Mühe und etwaiger Antwort.
Grüße
Frank
Hallo Frank,
das stimmt, ich hab den Artikel aus Sicht des Arbeitnehmers verfasst. Bei den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wird aber meines Wissens nach kein Unterschied gemacht, ob der Antragsteller selbstständig oder nicht selbstständig ist.
Der zuständige Kostenträger muss also auch für Selbstständige einen Zuschuss gewähren.
Ich bin zwar selbstständig, habe es aber bisher noch nicht in Anspruch genommen. Muss aber auch erwähnen, dass ich aktuell keinen Bedarf habe.
Falls Du als ebenfalls Selbstständiger einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben stellen wirst und auch durchbekommst, darfst Du es hier gerne mitteilen ;-)
Viele Grüße
Stefan